Der Wert von Efeu in unserer Landschaft

Von Stephan Sallermann

In unserer heimischen Natur gibt es nur wenige kletternde Pflanzenarten. Diese haben aber alle für sich einen besonderen Wert für unseren Naturhaushalt. Da sind die Waldrebe (Clematis citalba) und das Waldgeißblatt (Lonicera periclemenum) als schlingende Arten und der Efeu (Hedera helix), der als einzige mitteleuropäische Art mit den Wurzeln klettert. Unter entsprechenden Bedingungen ist auch unsere Hundsrose (Rosa canina) in der Lage in einem großen Gehölz einige Meter hoch zu ranken. In diesem Bericht möchte ich in einem kurzen Bericht einmal auf den Efeu eingehen.

Der immergrüne Efeu ist häufig in unseren Laubwäldern anzutreffen. Sein Vorkommen liegt in ganz Europa, Nordafrika, den Kanarischen Inseln und Westasien. Auf meinen Reisen konnte ich ihn eigentlich in den genannten Regionen überall finden. An den Standort stellt er im Grunde keine sehr hohen Ansprüche. Er wächst an vielen Stellen: Flach auf dem Boden, sowie kletternd an Bäumen und Felsen. Am liebsten wächst er in schattigen Bereichen. Sonneneinstrahlung und Trockenheit hält er aber auch aus. Er ist unsere einzige Kletterpflanze, deren Wurzeln sich als Haftwurzeln ausbilden können, mit denen er dann klettern kann.

Bild 1 - Efeu bildet einen dichten Bestand an Trieben am Stamm
Bild 1 - Efeu bildet einen dichten Bestand an Trieben am Stamm

Efeu ist eine unserer interessantesten und wertvollsten heimischen Gewächse! Er bildet Jugend- und Altersformen mit sehr unterschiedlichem Laub aus. In der Jugend sind die Blätter handförmig ausgebildet. Im Alter bildet sich an den Ästen dann eine rautenförmige Belaubung.

Die unscheinbaren grünlichgelben, kugeligen Blütendolden erscheinen etwa September /Oktober an der Altersform der Pflanze. Die Blüten sind bei Insekten äußerst beliebt.

Bild 2 - Verblühte Dolde ohne Fruchtansatz
Bild 2 - Verblühte Dolde ohne Fruchtansatz

Sobald sie erscheinen, werden Bienen wie ein Magnet von Ihnen angezogen. Auch Schwebfliegen, Wespen und andere Insekten finden sich in großer Zahl dort ein. Nur wenige ähnlich gute Nährpflanzen stehen der Insektenwelt zu dieser Zeit noch zur Verfügung. Nachdem im Winter die blauen Beeren Frost hatten, werden diese mit Vorlieben gern von verschieden Arten gerne gefressen, obwohl sie leicht giftig sind.

Bild 3 - Beeren des Efeu
Bild 3 - Beeren des Efeu

Efeu sät sich durch eingetragenen Samen am Boden aus und wächst dann am Stamm und den stärkeren Ästen bis hoch in die Krone empor.

Bild 4 - Efeu bildet einen dichten Bewuchs
Bild 4 - Efeu bildet einen dichten Bewuchs

Stärkere große Bäume haben damit kein Problem, da die dünnen Endtriebe unbewachsen bleiben. Das reicht für sie zum Überleben aus.

Bild 5 - Efeu hoch im Baum
Bild 5 - Efeu hoch im Baum

Ich konnte so bisher nicht feststellen, dass solche Bäume darunter wirklich absterben. Einen kleinen Baum, wie z.B. einen Obstbaum, kann er aber schon Mal wie ein großes Tuch zudecken, dem bekommt das dann nicht so recht. Stellenweise gibt es Waldstücke, die so aussehen, als ob sie nur aus Efeu bestehen würden. In Hagen gibt es einige solche Stellen, wie zum Beispiel in den Restwaldstücken im Bereich des Hagener Autobahnkreuzes um Herbeck.

Bäume, Felsen und Gebäude, die durch Efeu berankt sind, bilden sehr hochwertige Lebensräume. In seinem dichten Astwerk brüten und leben sehr viele Vogelarten. Die Triebe bilden im Alter an den Bäumen dichte Gebüsche mit höhlenartigen Gebilden unter dem dichten Blätterdach. Alle Tierarten, die irgendwie eine höhlenähnliche Behausung brauchen, finden sich da ein: z.B. Kleinsäuger, viele Insekten, Eulen, Hohltauben, Baumläuferarten, Meisenarten, Schnäpperarten und der Gartenrotschwanz. An offeneren Stellen auch Singdrossel und Amsel. Hausspatzen und Feldsperlinge sowieso. Bei dieser Auswahl ist selbstverständlich zu unterscheiden, wo der bewachsene Baum steht. Tief im Wald, am Waldrand oder im offeneren Gelände zum Beispiel an einem Gebäude oder an einer Felswand.

Efeu gerät immer wieder in den Verruf Bäume zu erwürgen. Wie schon erwähnt ist das nicht so! Sie wachsen an den Bäumen nur empor, ohne dabei Würgekräfte anzuwenden. Da gibt es in den Tropen z.B. die Würgefeigen, diese gehen aber völlig anders vor. Sie wachsen an Bäumen hoch und würgen ihnen regelrecht die Leitungsbahnen ab. Diese befinden sich dicht unter der Rinde des Stammes. Um den betroffenen Stamm werden die Feigentriebe immer dichter und kräftiger, bis man nachher den Stamm des Baumes nicht mehr sehen kann. Der Baum stirbt durch die abgeklemmten Leitungsbahnen ab und die Würgfeige wird immer dominanter. Sie wird so stabil, dass diese später wie ein eigenständiger Baum im Wald stehen kann. In seinem Inneren befindet sich dann der abgestorbene umwickelte Baum als morsches Element. Die Feige kann auf diese Weise wie ein Baum in die Höhe wachsen und hat auch so für sich dann einen seinen ökologischen Wert.


Fotonachweis: Stephan Sallermann im Februar 2021

Literaturnachweis: Bruns Pflanzen 2020